Said Tiraei - Vita

Über mich

1975 wurde ich in Kabul als Sohn einer angesehenen und politisch engagierten Familie geboren. Ich war gerade erst vierzehn Jahre alt, als die bedrohlichen Umstände, unter denen meine gesamte Familie seit langem litt, unerträglich wurden. Nachdem meine Geschwister bereits vorher in Sicherheit gebracht wurden, verließ meine Mutter mit mir, ihrem jüngsten Sohn Said Zobair, unsere Heimatstadt.

Unsere Flucht führte uns zunächst nach Nepal und im Jahre 1990 nach Pakistan. Dort entdeckte mich der Kunstmaler und Lehrer Nassir Amidi und nahm mich als Schüler auf. Dort lernte ich Anschauungen und Gefühle in Farben und Formen zu transformieren. Bleistiftzeichnungen, Öl und Kreide, Farb- und Formperspektiven standen auf meinem Stundenplan. Aber in erster Linie ging es darum, äußere und innere Realität zu erfassen und wiederzugeben. 1991 wurde meine Ausbildung in Indien fortgesetzt. Dazu gehörte das Schauen und Erfühlen der indischen Kultur, wie es in der Architektur, im Tadsch Mahal, zum Ausdruck kommt. Ich lernte seelische Empfindungen und Konflikte wahrzunehmen, zuzulassen und künstlerisch auszudrücken, Seelenbotschaften fließen zu lassen. Schon als Dreijähriger hatte ich mit dem Zeichnen begonnen, hatte durch Beobachtung und Nachahmung von Künstlern gelernt, die mit meiner Familie befreundet waren. Während der Flucht, in den Jahren der äußeren Unsicherheit, bot mir die Kunst Zuflucht und Sprache.

Endlich in Deutschland angekommen, bildete sich aus der Verarbeitung des Erlebten schon sehr früh mein eigener Stil heraus, so dass 1994 bereits meine erste Ausstellung eröffnet werden konnte. Ich war damals erst 19 Jahre alt. Heute ist der Kontrast zwischen den Kulturen, den Ländern und den Menschen nach wie vor in mir lebendig. Meine Technik hat sich verfeinert, die Übergänge zwischen den kontrastierenden Farben und Formen sind weicher, die Gegensätze tiefer, aber auch friedlicher geworden.

Zwar sind die Themen, die ich heute künstlerisch umsetze, andere geworden. Sie reflektieren meine Interaktion mit unserer Lebensart, setzen sich mit Integrationsproblemen oder mit den Umweltdiskussionen und dem typischen Verhalten in europäischen Beziehungs- und Kommunikationsformen auseinander. Jedoch bleiben die Wurzeln und die Kraft der asiatischen Denk- und Kulturwelt erkennbar, sie durchstrahlen meine Arbeiten, und gerade dadurch werden sie wichtig für uns.